Spanien und der Stierkampf: Zwischen Tradition und wachsender Ablehnung

In Spanien, dem Land, das international mit der Tauromachie – dem Stierkampf – assoziiert wird, zeichnet sich ein deutlicher gesellschaftlicher Wandel ab. Laut einer aktuellen Umfrage von Sigma Dos für El Mundo lehnen 78 % der Bevölkerung den Stierkampf ab. Dennoch spricht sich weniger als die Hälfte – konkret 48 % – dafür aus, den Status des Stierkampfs als geschütztes Kulturgut abzuschaffen. Über diese Frage wird das spanische Parlament in den kommenden Monaten debattieren.
Die Ablehnung des Stierkampfs zieht sich durch alle Altersgruppen und politische Lager. Besonders hoch ist der Anteil der sogenannten no taurinos unter den Wählerinnen und Wählern progressiver Parteien. Bei der linken Plattform Sumar lehnen 86,7 % den Stierkampf ab, bei der sozialistischen PSOE sind es 87,6 %. Auch unter den Wählern konservativer Parteien ist die Mehrheit gegen den Stierkampf: 60,1 % der Vox-Wähler und 64,9 % der PP-Anhänger zählen sich nicht zu den Befürwortern. Trotzdem sprechen sich lediglich 54,4 % der Vox-Wähler und 62,9 % der PP-Wähler dagegen aus, dem Stierkampf den Kulturerbestatus zu entziehen – ein Hinweis darauf, dass kulturelle Symbolik oft schwerer wiegt als persönliche Überzeugung.
Ein besonders markantes Gefälle zeigt sich zwischen den Geschlechtern. Während 82,1 % der Frauen den Stierkampf ablehnen, sind es bei den Männern 73,6 %. Fast ein Viertel der Männer (22,9 %) bekennt sich zur Tauromachie, bei den Frauen sind es lediglich 14,9 %.
Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle: Die jüngere Generation zeigt sich deutlich reformfreudiger. 58,9 % der 18- bis 29-Jährigen und 47,9 % der 30- bis 44-Jährigen befürworten die Abschaffung des Kulturerbestatus. Interessanterweise findet sich aber auch unter den über 65-Jährigen – einer Generation, die dem traditionellen Spektakel oft nähersteht – ein signifikanter Anteil (45,1 %), der sich für eine Entziehung des Schutzstatus ausspricht.
Die Initiative zur Aberkennung des Kulturerbestatus kommt von der Plattform No es mi cultura, einer Vereinigung aus dem Tierschutzbereich. Doch obwohl 78 % der Bevölkerung den Stierkampf ablehnen, liegt der Anteil derjenigen, die sich aktiv gegen den kulturellen Schutz aussprechen, nur bei 39,5 %. Das lässt darauf schließen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung die Tradition zwar persönlich ablehnt, aber dennoch in gewissem Maße respektiert oder toleriert.
Der Stierkampf bleibt somit ein tief verwurzeltes, aber zunehmend umstrittenes Element der spanischen Kultur. Die anstehende Debatte im Kongress wird zeigen, ob die politische Realität dem gesellschaftlichen Stimmungsbild folgen kann – oder ob die Arena weiterhin ein symbolisches Bollwerk vergangener Zeiten bleibt.
F.S.
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